Information 02


Zum Jugendstrafvollzug in freien Formen in Störmthal – Einige rechtliche Fragen


Die Bürgerinnen und Bürger von Großpösna wurden mehr oder weniger bereits über das o.g. geplante Vorhaben in Kenntnis gesetzt. Im „Lutherstift“, Dorfstraße 2 in Störmthal, soll ab August 2011 ein sog. „Jugendstrafvollzug in freien Formen“ betrieben werden. Der Verein PRISMA e.V. soll nach seinen Angaben vom Sächsischen Staatsministerium der Justiz ausgewählt worden sein, um in Sachsen eine innovative Alternative zum herkömmlichen Jugendstrafvollzug aufzubauen. In Baden-Würtemberg wird ein solches bzw. ein ähnliches Projekt bereits seit 2003 betrieben.


Dabei stellt sich folgende  erste Frage:
Weshalb wurden in der Vergangenheit nicht mehrere solcher Projekte durch PRISMA e.V. aufgebaut, wenn die Unterbringung doch tatsächlich so Erfolg versprechend für die Jugendlichen und Heranwachsenden sein soll?


Tatsächlich gibt es einige Bedenken gegen die Zulassung dieser Form des Strafvollzugs, weshalb wohl auch einige Bundesländer ihre Strafvollzugsgesetze nicht geändert haben. In Sachsen ist die neue Form des Strafvollzugs seit 2008 in § 13 Abs. 3 Sächs JStVollzG geregelt. Äußerst bedenklich ist dabei, dass keine ausreichenden Verwaltungsvorschriften und keine besonderen Vorgaben existieren, wie der Strafvollzug in freien Formen ausgestaltet werden soll. Insbesondere wurde keine Regelung geschaffen, wer geeigneter Träger eines derartigen Vollzugs sein kann und in welcher Örtlichkeit dieser durchzuführen ist. Die Bevölkerung wird nicht durch äußere Sicherheitsvorkehrungen – wie dies bei den staatlichen Vollzugseinrichtungen gewährleistet ist – geschützt. „Die Bewachung“ der Jugendlichen erfolgt nicht durch geschultes Personal. So ist wohl auch keine „gesonderte Qualifikation“ zum Betrieb dieser freien Form nachzuweisen.


Welche Jugendlichen werden in der Einrichtung untergebracht?


Von Prisma e.V. erfährt man bei den wenigen Infoveranstaltungen u.a., dass es sich um männliche Jugendliche zwischen 14 und etwa 23 Jahren handelt, „ die schon einiges auf dem Buckel haben“. Was diese Aussage bedeuten soll, wird nicht näher konkretisiert. Aber diese Kenntnis ist gerade für die Bürgerinnen und Bürger besonders wichtig. Die folgenden Informationen sollen dem besseren Verständnis dienen:


Das Jugendstrafrecht ist keinesfalls vergleichbar mit dem „Erwachsenenstrafrecht“, da im Jugendgerichtsgesetz (JGG) Sanktionen und eher milde Strafen verankert sind. Auch bei Verbrechen werden eher „geringe“ Strafen verhängt und in den meisten Fällen werden die Strafen zur Bewährung ausgesetzt.
Prisma e.V. nimmt Jugendliche und Heranwachsende mit bis zu zwei Jahren Freiheitstrafe ohne Bewährung auf.

Welche Straftaten muss aber ein Jugendlicher begangen haben, damit er zu einer Haftstrafe von bis zu zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt wird?


Zunächst sollte man wissen, dass Jugendliche oder Heranwachsende nach Begehung von Vergehen oder auch bei manchen Verbrechen zunächst z.B. Arbeitsleistungen zu erbringen haben.
Die Härteste der möglichen Sanktion gegen einen Jugendlichen ist die Jugendstrafe. Diese darf nur unter besonderen Voraussetzungen verhängt werden und ist als allerletztes Mittel anzuwenden, um auf den Jugendlichen einzuwirken.
Für die Anwendung von Jugendstrafen müssen entweder "schädliche Neigungen" beim Täter vorliegen. Dies sind kriminelle Neigungen, die  erhebliche Anlage- und Erziehungsmängel beim Jugendlichen vermuten lassen, welche die Gefahr begründen, dass der Täter ohne längere Gesamterziehung weitere Straftaten begehen wird.
Oder beim Jugendlichen ist die Jugendstrafe wegen der Schwere der Schuld erforderlich. Bloße Gelegenheitstaten reichen hierfür nicht aus, vielmehr müssen nicht ganz unerhebliche Straftaten vorliegen (z.B. Totschlag, schwerer Raub, schwere Körperverletzung).
In den meisten Fällen haben die bereits vorbestraften Jugendlichen mehrere Diebstähle, auch Wohnungseinbrüche oder Raubüberfälle begangen. Wenn noch weitere Straftaten hinzu kommen, kann eine Jugendstrafe bis zu zwei Jahren ohne Bewährung verhängt werden. Auch drei Raubüberfälle des schon vorbestraften Jugendlichen, wobei das Opfer schwere Folgen davon trägt (die ausgeraubte Oma wird mit Oberschenkelhalsbruch in das Krankenhaus eingeliefert), können zur Freiheitstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung führen.




Störmthal, den 04. April 2011